Über Schorsch Balladevich und einen kuriosen Snack

Bild: John Matychuk on Unsplash

Über Schorsch Balladevich und einen kuriosen Snack

Dieser Beitrag ist ein sowas-wie-Nachruf für Đorđe Balašević. Da du ihn vermutlich nicht kennst, aber bestimmt einen Lieblings-Balladesänger/Songschreiber hast, erlaubte ich mir, ihm im Titel einen „neutraleren“ Namen zu verpassen, damit auch du dich angesprochen fühlst. Was der mit Ernährung zu tun hat und was der kuriose Snack ist, erfährst du weiter unten…

Wenn der Lieblings-Liedermacher stirbt

Vielleicht könnte man ihn mit Mani Matter vergleichen, Joe Dassin (FR), Paolo Conte (IT) oder Sabina (ES). Balašević hat den Balladen-Soundtrack meines fast ganzen Lebens geschrieben und gesungen und ist Ende Februar 21 gestorben. Corona-Opfer mit 62. So ein Lieblings-Singer-Songwriter wird wichtig, wenn man in Liebeskummer, Heimweh oder sonst in einer Krise zu versinken droht oder ein besonders erfreuliches oder versöhnliches Ereignis zu feiern hat. Davon gab’s in den letzten Jahrzehnten bekanntlich reichlich auf dem und um den Balkan herum.

Er hat es dementsprechend geschafft, eine grosse Masse von Menschen zum Singen zu bewegen. Und jetzt haben sie echt getrauert. Darum vermutlich, hat es die Nachricht über seinen Tod auch in die internationale Presse geschafft. Fast zeitgleich mit der Trennung des Duos Daft Punk – was anderswie bedauerlich ist. Đorđe Balašević hat mir Halbsprachigen (und solchen wie mich) einen Wortschatz geschenkt, pazifistisches Gedankengut und einige philosophische Erkenntnisse beschert. Refrains die mit dem Herzen verstanden werden. Und die Möglichkeit Trauer und Freude zu besingen. Möge er also in Frieden ruhen. Mögen meine Kinder auch mal in seinen Liedern Trost finden oder einfach was Fröhliches von ihm mitsingen.

Čvarak – DIE kulinarische Kuriosität rund um den Balkan

Wie sehr viele Sängerinnen und Sänger, unter anderem die oben genannten, hat auch Balašević ein Lied über das Essen geschrieben. Es stammt aus den 80er Jahren und handelt von der Balkanküche („Al‘ se nekad dobro jelo“ – frei übersetzt: „Was hat man damals gut gegessen„) und der schlechten Angewohnheit, kurz nach dem Essen gleich weiterzuessen – manchmal auch angetrieben von den Gastgebern. Man wollte sie ja nicht beleidigen. Besonders Besucher aus fernen Städten wurden beglückt, mit den auf Vorrat hausgemachten Köstlichkeiten ohne Ende. Diese zählt er auf. Eine kulinarische Kuriosität aus diesem Lied möchte ich hier besonders hervorheben: Čvarak. Tschwarak, Tschwarke oder Tschwartsi ausgesprochen, ist dasselbe – slawische Grammatik, hier Nebensache.

Es ist eine Arme-Leute-Delikatesse, natürliches Nose to Tail. Auf Deutsch vermutlich Grieben genannt, auf Berndeutsch Gröibi (gibt’s also auch hier!). Diese Delikatesse ging so: In den Dörfern, wurde jeweils Ende November das Hausschwein geschlachtet, zerlegt und verarbeitet. Die weisse Speckschicht wurde zu Schmalz verarbeitet und alles was sich nicht flüssig wurde, kam dann in Form von Čvarci auf den Tisch. Spätestens Anfang Dezember und bis aufgegessen oder ungeniessbar. Jedes Jahr. Mir drehte sich damals der Magen beim Anblick und Geruch dieser, immer noch durchaus sehr geschätzten, Delikatesse.

In der Schweiz angekommen, musste ich das nie mehr wieder essen. Bis vor Kurzem. Das war allerdings freiwillig, denn ich wollte die Bündner Gerstensuppe mal nach goltmiljö zubereiten und fand ein Rezept von Andreas Caminada im Netz. Im Zubereitungsschritt Nr. 2 soll man den Speck auslassen, heisst es. Gesagt, getan, und genau in diesem Augenblick hatte ich das erste Mal seit Jahrzehnten an Čvarke gedacht. Übringes, im Gegensatz zu damals, war ich hin und weg vom „Restspeck“! Den Kids ging’s ebenso.

Wie man Čvarke zubereitet

Man nehme: Reinen weissen, rohen Speck – Rücken- oder Bauchspeck wäre die Idee. Gibt’s beim lokalen Metzger, im Aligro z.B. für rund 3.50/kg oder man bestellt ihn beim Detailhändler an der Fleischtheke. Du kannst auch die Schwarte nehmen und nur das Fett abschneiden, leicht anfrieren, Haut wegschneiden und den Speck klein und regelmässig würfeln, in ca. 2 cm grosse Stücke. Dann in den Kochtopf damit. Der Auslass-Prozess bzw. das Schmelzen des Fetts dauert auch bei kleiner Menge bestimmt 15 Minuten auf mittlerer bis niedriger Hitze. Dabei muss man immer etwas auf die Würfelchen drücken, damit sich das Fett schneller verflüssigt und der Rest schön knusprig wird. Immer wenn der Pfannenboden zu glänzen beginnt, giesst man das gewonnene Fett ab. Dieses wird später wieder fest, heisst dann Schmalz und kann für andere Gerichte weiterverwendet werden.

Du drückst also weiter auf die Würfelchen und lässt aus, bis kaum mehr was rauskommt bzw. der Speckrest bräunlich ist. Dieser wird dann mit einem Hauch edelsüssem Paprikapulver gewürzt und mit einem Schuss Milch begossen. Wenn die Milch verdunstet ist, sind die Čvarci fertig. Serviert wurde die Knabberei nicht etwa mit knackigem Gemüse, sondern mit Eiern, Frischkäse und einer Scheibe Brot. Jäh. So war das damals.

Wenn du Mut & Zeit hast, probierst du es einmal und schreibst im Kommentar, wie du’s gefunden hast. Und das Rezept von Andreas Caminada empfehle ich unbedingt – da scheiden sich die Geister etwas weniger.

Gutes Gelingen!

Links:
Đorđe Balašević’s Lieder findest du auf Spotify, YouTube, IMusic, etc.

Fertig abgepackte „Gröibis“ gibt’s u.a. bei Onkel Urs. Diese Gröibis sind allerdings aus Rindfleisch. Sicher auch interessant. Bild: Privat


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