Das Vollei

Bild: Pexels

Möglicherweise hast auch du schon mal auf einer Lebensmittel-Verpackung unter den Zutaten das Wort Vollei gelesen. Neulich kam mir zu Ohren, dass einige überzeugt sind, dass damit auch Eierschalen gemeint sind. Verschmierte Hühnerkacke und klebende Federn, alles geschreddert und mit dem Rest verrührt? Flüssig oder pulversiert! Hier schon mal die Entwarnung: NO Eierschalen im Vollei!

Was ist mit einem Vollei gemeint?

Ein Vollei ist das was rauskommt, wenn man ein Ei aufschlägt. Eiweiss und Eigelb. Nix mehr. Den Ausdruck Vollei liest du meistens auf einer Lebensmittel-Verpackung in schönen fetten Lettern gedruckt. Fettgedruckt ist es, weil Menschen mit Ei-Allergie nicht mehr so selten sind und sowas nicht zu unterschätzen ist! Vollei bedeutet vor allem, dass nicht ein Ei ums andere reingeschlagen wurde, sondern industriell hergestellte flüssige, pasteurisierte Eier aus der Tetrapackung, dem Beutel oder in Pulverform eingerührt wurden… eh, aus Containern natürlich auch.

Die Tetrapack-Eier z.B. werden also machinell aufgeschlagen, fallen in ein Schälchen und werden darin zu einem engmaschigen Sieb befördert, je nach Hersteller homogenisiert (= soviel verrührt, dass eine schöne, einheitlich gelbe Masse entsteht) und vor dem Abfüllen noch für bis zu 2 – 7 Minuten pasteurisiert (= erwärmt zwischen 61 – 68 °C – das gibt noch kein Rührei) und so länger haltbar gemacht. Fast so wie die Milch, die braucht etwas mehr Temperatur. Die Schale landet im Biogas oder getrocknet, verfeinert und hygiensiert als Zusatz für Ferkelfutter.

Wer kauft industriell verpackte Volleier?

Anders als du zuhause, müssen Profis mit genauen Mengen arbeiten, möglichst keinen Abfall aber haltbare Rohware haben und trotzdem sicher sein, dass keine Salmonellen ins Produkt mitflutschen. Dazu kommt, das manchmal nur Eiweiss, manchmal nur Eigelb benötigt wird und um Food-Waste zu vermeiden, kaufen sie eben die flüssigen oder pulverisierten Eier – Eigelb, Eiweiss oder Vollei.

Auch wenn’s nicht so romantisch ist; sehr viele Hotel-, Kantinen- und andere Grossküchen, Bäckereien und Konfiserien nutzen die pasteurisierte flüssige oder pulverisierte Form – also nicht nur die grossen Industriebäckereien und (Online-)Shops für Sportlerernährung.

Ist Vollei jetzt gut oder böse?

Eine vegan lebende Person würde klar nein sagen. Ernährungstechnisch betrachtet erscheint mir der Unterschied nicht nennenswert. Wenn man die Pulverform-Portion betrachtet, ist sogar etwas mehr Eiweiss und Fett enthalten – führt man die nötige Flüssigkeit hinzu, gleicht es sich aus. Flüssige und pulverisierte Eier entsprechen ganz sicher den hygienischen Normen und sind länger haltbar als ein aufgeschlagenes gewöhnliches Ei. Obschon, einmal geöffnet, diese Verpackung rasch verbraucht werden muss.

Schweizer Tetrapack-Volleier kommen aus der Freilandhaltung. Es gibt sie auch in BIO. Wurden die Eier importiert bzw. kauft man solche aus der EU könnten sie aus Bodenhaltung stammen. In allen Fällen bedeutet das, dass die Eier von Höfen kommen, wo die männlichen Küken geschreddert bzw. hierzulande noch vergast werden, weil die Verwertung der männlichen Küken noch ungelöst ist. Bei den Schaleneiern ist es nicht anderns. Leider auch, wenn auf der Verpackung BIO steht – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt. Es wird an einer Lösung gearbeitet.

In der Schweiz werden keine Käfigeier verarbeitet und auch keine Produkte aus Käfigeiern importiert. Die verbreiteteste Haltungsform in Schweizer Küchen und Schweizer Lebensmittelherstellern (Coop & Migros-Industriebetriebe eingeschlossen) ist die Freilandhaltung.

Marco Zürcher, Geschäftsführer fou-gmbh und gustovo

Noch etwas zur Ökologie und Ökonomie: Es werden Eier verwendet, welche die Detailhändler nicht verkaufen würden, weil sie die Grössennorm nicht erfüllen, die Schalen verschmutzt sind oder Risse aufweisen. Eigentlich super in Bezug auf Food-Waste. Endverbraucher*innen stellen fest, dass ein mittelgrosses Ei hierzulande 60 Rappen kostet und im Tetrapack umgerechent rund 50 Rappen. Ist ein grosses Fest geplant, ist so eine Packung eine Überlegung wert!

Was man sonst so über das Vollei wissen möchte

Die Farbe des Volleis hängt davon ab, womit die Küken und Hühner gefüttert wurden. Je dunkler die Eimasse desto mehr Paprika oder Grasmehl im Futter. So überspitzt. Die Farbe der Eierschale hängt von der Hühnerrasse ab, wobei es überzüchtete Superhennen-Rassen für weisse bis braune Eier gibt – die Lohmanns zum Beispiel mit einer Performance von bis zu 25 Eiern/Henne im Monat. Performance. Wow. Ob die Ernährungsempfehlung: maximal 4 Eier pro Woche daherkommt? Anderenorts werden nur drei Eier pro Woche empfohlen, wieder woanders bis zu sieben. Ob da Super-Lohmanns legen?

Wieviel Eier pro Woche sind jetzt gesund? Ich kenne Sportler, die tranken drei Eigelbe täglich zum Frühstück (und leben noch). Andere können Eier nicht mal riechen, egal in welcher Form sie daherkommen (und leben auch noch). Wenn’s dir übel wird von Eiern oder du danach „retronasal“ leidest (der Geruch in der Nase steckenbleibt), lass sie sein. Willst du Muskeln aufbauen und magst Eier, sprich mit deinem Ernährungsberater oder deiner Ernährungsberaterin!

Auf jeden Fall: Höre auf deinen Körper, deinen Verstand und ehre das Huhn! Oder so…

Fazit

Du kannst davon ausgehen, dass in der 1l flüssiges Vollei ganz frische bis zu 20 Eier stecken und nicht mehr Eierschalen enthalten sind, als dir auch „ausrutschen“ könnten. Es ist auch nichts Verwerfliches daran eine Tetrapackung Eier zu kaufen, wenn du ein grosses Geburtstagsfest schmeisst oder Spitzensportler bist.

Rezepte

Viele Eier werden u.a. für Omelettes und Frittatas verwendet. Viele Desserts wie Brönnti Creme, Crema Catalana oder Meringues und Pavlova benötigen nur Eigelb oder nur Eiweiss…. plane gut! Eigelbe müssen gekühlt innert drei Tagen verwendet werden, Eiweisse halten Wochen, ebenfalls gekühlt! Also zuerst Brönnti Creme und die Woche darauf die Meringues rühren!

P.S.

À propos vegan: Der vegane Ei-Ersatz übernimmt nur die technische Funktion des Eis im Backprozess – die Nährwerte sind nicht immer vergleichbar! Der vegane Ei-Ersatz könnte also auch nur ein (Mais)Stärke-Produkt mit viel Kohlenhydrate und ganz ohne Protein daherkommen.

À propos Eierschale: Die Schale enthält Kalk, und Kalk besteht – platt erklärt – aus Kalzium. Kalzium ist ein sehr wertvoller Mineralstoff, welcher auf den Lebensmittelverpackungen auch ausgewiesen werden muss, insbesondere, wenn eine nennenswerte Menge enthalten ist. Wenn du jetzt prüfen willst, ob das mit dem Kalzium stimmt, fülle ein Glas mit Essig und leg ein rohes Ei rein. Nach drei Tagen ist die Schale „aufgefressen“ und du hast nur eine ganz weiche Hülle, welche das Vollei hält.

Verordnung des EDI über die Hygiene beim Umgang mit Lebensmitteln, 9 Abschnitt: Eier und Eiprodukte
Interview mit Herrn Marco Zürcher, Geschäftsführer fou-gmbh.ch und gustovo
Gallo Suisse für mehr Hintergrundinfos rund um Eier. (In Deutschland z.B. ist ein Eiercode. mehr erlaubt, die Käfighaltung)
SRF Espresso-Beitrag über das Töten der männlichen Küken

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